Die Zeit drängt: Im Jahre 2023 endet die Ära der Third-Party-Cookies. Eine Alternative können Advertising-ID-Lösungen sein, mit denen sich zurzeit diverse Adtech-Anbieter warmlaufen. Um die Gunst der Publisher wirbt nun auch Zeotap mit seinem Produkt ID+.
Satte 37 Millionen Euro hat das Berliner Unternehmen Zeotap gerade im Rahmen einer Serie-C-Finanzierungsrunde eingesammelt. Das Unternehmen ist mit seiner Customer-Intelligence-Plattform mittlerweile in zehn Ländern präsent und hat den Umsatz im vergangenen Geschäftsjahr vervierfacht. Über die Plattform können Unternehmen CRM-Daten verwalten, sie mit externen Daten anreichen und für Analyse und Targeting nutzen. Zu den Kunden gehören unter anderem N26, Mercedes-Benz, Vodafone und Red Bull. Das frische Geld will das 160 Mitarbeiter starke Unternehmen unter anderem in ein sein neues, ambitioniertes Produktes stecken: die Advertising-Identity-Lösung ID+.
ID+ soll auch nach dem Ende der Third-Party-Cookies personalisierte Werbung ermöglichen: “Third-Party-Cookies waren bisher ein relevanter Bestandteil unserer Plattform”, sagt Stefan Blumenthal, Country Manager DACH. “Mit ID+ etablieren wir im Markt eine zukunftsfähige und nachhaltige Alternative für die zielgruppenspezifische Ansprache von Nutzern.”
Wie funktioniert das System? “ID+ basiert auf Login-Daten, etwa E-Mail-Adressen oder Telefonnummern, die die Nutzer eindeutig und geräteübergreifend identifizieren”, erklärt Florian Lichtwald, Chief Data Partnerships Officer. “Diese Nutzerkennungen werden von uns jeweils einer ID+ zugeordnet und anonymisiert. Grundlage der Datennutzung ist selbstverständlich immer die Einwilligung der Nutzer.” Implementiert wird die Lösung von den Website-Betreibern. Sie können damit die Nutzer bei jedem Website-Besuch wiedererkennen und ihnen passende Inhalte oder Werbung zeigen.

„Ich gehe davon aus, dass sich drei bis vier ID-Systeme im Markt durchsetzen werden“ – Stefan Blumenthal, Zeotap
Aber ID+ soll darüber hinaus als Alternative zu Third-Party-Cookies auch die Identifikation von Nutzern über Websites hinweg ermöglichen. “Die verschiedenen Publisher bekommen für ein und denselben Nutzer jeweils unterschiedliche ID+”, erläutert Lichtwald. “Zur Ausspielung von Publisher-übergreifenden Kampagnen führt Zeotap die verschiedenen ID+ zusammen und bildet Cluster nach bestimmten Merkmalen wie männlich oder sportinteressiert.” Je mehr Publisher, E-Commerce-Anbieter und Adtech-Dienstleister mit dem System arbeiten, desto größer wird die Reichweite für Kampagnen. Zeotap ist zurzeit auf Akquisetour, um die ersten Partner zu gewinnen.
Rückenwind bringt dabei die Tatsache, dass das Aus der Third-Party-Cookies besiegelte Sache ist: Google wird sie in anderthalb Jahren im Chrome-Browser nicht mehr unterstützen, andere Browser wie Firefox und Safari blockieren sie schon heute weitgehend. Es muss also eine Alternative her: “Wir lösen mit ID+ ein drängendes Problem im Markt”, sagt Blumenthal. Er geht davon aus, dass sich personalisierte Werbung künftig im Wesentlichen auf zwei Datenquellen stützen wird: “Zum einen First-Party-Daten der Publisher, zum anderen authentifizierte Login-Daten auf Basis von E-Mail-Adressen und Telefonnummern.”
Zeotap ist nicht der einzige ID-Anbieter: Der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) hat in einer kürzlich veröffentlichten Studie elf Lösungen vorgestellt und analysiert, die bekannteste dürfte netID sein. “Ich gehe davon aus, dass sich drei bis vier ID-Systeme im Markt durchsetzen werden”, so Blumenthal. “ID+ ist offen, auch mit anderen Partnern zu kooperieren und so die Reichweite zu erhöhen.”

Der Knackpunkt des gesamten Advertising-ID-Ansatzes: Das alles funktioniert nur, wenn die Nutzer auf breiter Basis in die Erstellung der ID-Profile zu Werbezwecken einwilligen. Die Vorschriften für die Einholung des Consent sind zunehmend verschärft worden, zuletzt durch ein Urteil des Bundesgerichtshofs. Branchenvertreter gehen daher davon aus, dass es im programmatischen Ökosystem zu einem Schwund an Nutzerprofilen kommen wird: “Man wird mit den ID-Lösungen nicht mehr so viele Nutzer identifizieren können wie in der Third-Party-Cookie-Ära”, glaubt Lichtwald. Die im Gegensatz zu Cookies eindeutige Identifikation von Nutzern könnte die Nachteile aber durchaus kompensieren: “Die zielgruppengerechte Ansprache wird zuverlässiger und genauer.”
Lesen Sie mehr in Horizont: